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Mein Hund bellt Besuch an. Das nervt!

Hunde sind wunderbare Begleiter, doch wenn der Hund bellt, gerät selbst der liebevollste Hundebesitzer unter Stress. In meiner neuen Blogreihe tauchen wir in die Welt der Hundekommunikation ein und beleuchten die verschiedenen Gründe, warum Hunde in bestimmten Situationen exzessiv bellen.

In den kommenden Beiträgen werden wir die häufigsten Auslöser für das Bellen untersuchen: von der Aufregung und dem Schutzinstinkt bis hin zu Langeweile und Angst. Erfahre, wie du das Bellen deines Hundes besser einordnen und gezielt darauf reagieren kannst. Ob du ein erfahrener Hundebesitzer bist oder gerade erst anfängst, deinen Hund bei Besuch zu erziehen – diese Reihe bietet wertvolle Einblicke und praktische Tipps, um das Zusammenleben mit deinem Hund harmonischer zu gestalten. Bleibe dran!

PS: 1.000 Wege führen nach Rom, auch beim Hundetraining. Ich teile hier einen Auszug an Tipps und Erfahrungen, die für meine Kunden bisher prima funktioniert haben. Ich möchte dich ermutigen, einfach auszuprobieren, ob der eine oder andere Tipp auch dir helfen kann!

Situation: Ein Unbekannter klingelt an der Tür

Aus Sicht von Dexter, einem 30 Kilo schweren, dreijährigen weiß-braun gescheckten Settermix

Es klingelt!! Ich weiß noch, wie ich als Welpe bei Selina eingezogen bin und den Klingelton zum ersten Mal gehört habe: Ich habe zwar den Kopf schief gelegt und gelauscht – aber das Geräusch hatte noch gar keine Bedeutung für mich.

Seitdem habe ich allerdings schon hunderte Male die immer gleiche Abfolge von Ereignissen beobachtet. Es klingelt. Durch Selinas Körper geht dann ein kleiner Ruck – sie ist wie elektrisiert! Sie legt augenblicklich weg, was sie gerade in der Hand hat. Sie steht auf und marschiert los Richtung Haustür. Sie guckt weder nach links noch nach rechts. Messerscharf folgere ich: Hinter der Haustür muss etwas Superspannendes oder Gefährliches sein, sonst wäre sie ja nicht so unfassbar fokussiert. Sie öffnet die Haustür und dann ist erstmal: Aufregung!

Es gibt übrigens nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir kennen denjenigen, der vor der Tür steht oder nicht. Ich beschreibe jetzt mal was passiert, wenn jemand hinter der Tür auftaucht, den Selina und ich nicht kennen. Dann muss ich den Fremden sicherheitshalber immer verbellen, sonst würde der doch glatt noch dreist zur Tür reinkommen! Manchmal trägt der Fremde auch ein Paket oder Briefe. Ich belle dann immer lauter, weil der Typ vor der Tür einfach nicht weggehen will – der ist so respektlos! Selina wird dann auch zunehmend lauter und aufgeregter. Für mich ist der Fall natürlich sonnenklar: Ich scheine mit dem Verbellen des Fremden recht zu haben, sonst würde Selina ja nicht so laut mitmachen, oder? Dass Selina und zusammen ich so aufgeregt werden, ist auf jeden Fall erfolgreich, denn der Fremde verschwindet nach kurzer Zeit wieder. Wenn Selina die Tür zugemacht hat, starrt sie mich allerdings immer so böse an. Ich verstehe nicht, warum – ich habe doch einen super Job gemacht, der Fremde ist doch weg! Kurz danach streichelt sie mich aber schon wieder. Ich bin dann immer verwirrt.

Aus Sicht von Dexters Besitzerin Selina, einer 25-jährige Studentin

Es klingelt!! Jetzt muss ich mich echt beeilen, sonst ist der Amazon-Bote wieder weg! Also schnell die Kaffeetasse abstellen und los zur Tür! Hoffentlich macht Dexter nicht wieder so ein lautes Theater, das ist mir immer so peinlich! Außerdem sind die Nachbarn im Haus schon echt genervt. Aber zu spät: Dexter kläfft schon in infernalischer Lautstärke und hat mich auf dem Weg zur Tür überholt. Ich drängele mich wieder vor ihn in die Pole Position und ziehe ihn kräftig am Halsband zurück! Ich öffne die Tür: Vor uns steht der Paketbote auf der Fußmatte und beugt sich nach vorne, um mir das Paket zu geben. Dexter kläfft und springt nach vorne. Ich zerre ihn natürlich automatisch wieder am Halsband zurück!

Was der Paketbote zu mir sagt, geht im Lärm unter. Erstaunlich übrigens, in welchem Ausmaß das Treppenhaus den Schall verstärkt. Man, das gibt wieder ätzende Kommentare vom Nachbarn. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt: Vielleicht schaffe ich es diesmal, den Hund beruhigen! Ich schimpfe also: „AUS! NEIN!! Hör mit der Kläfferei auf! SCHLUSS JETZT!!!“ Dexter kläfft ohne Pause weiter. Ich lüge den Paketboten an: „Es tut mir leid, der Hund ist erst seit kurzem bei mir, der muss noch lernen…“ Der Paketbote guckt mich ausdruckslos an. Mist, den Satz hat er von mir wohl schon mal gehört. Ich unterschreibe hastig, murmle Danke und schließe schnell die Tür. Ich starre Dexter böse an. Der guckt verunsichert zurück. Mist, jetzt tut er mir sofort leid! Ich wuschele ihm tröstend über den Kopf. Ich ahne, dass ich irgendetwas falsch mache…aber was?

Die Analyse, warum der Hund bellt

Ganz oft bellt der Hund, weil er meint, es wäre sein Job, auf dich / deine Wohnung / dein Haus aufzupassen. Du kannst dein Zusammenleben mit deinem Hund auf ganz neues Fundament stellen, wenn du ihm die Sicherheit schenkst, dass er nicht aufpassen muss, sondern du die Sache für ihn regelst.

Sehr oft erlebt der Besitzer dann einen erleichterten Hund, der spürbar besser in die Ruhe kommt. Denn für die meisten Hunde ist das ständige Wachsam-sein und Aufpassen-müssen purer Stress und Anspannung! Je mehr aber dein Hund darauf vertrauen kann, dass du Situationen für ihn regelst, desto besser und inniger wird eure Beziehung.

Was ich mit „Situationen aktiv für den Hund regeln“ meine:

Du bestimmst ab sofort von Anfang an das Geschehen, wenn es an der Tür klingelt. Du fängst an zu agieren anstatt nur auf den Hund zu re-agieren. Du managst aktiv die Situation für deinen Hund, anstatt passiv zuzusehen, wie sich dein Hund bei Besuch immer weiter aufregt.

Fiese Frage: Wie kannst du von deinem Hund erwarten, dass er bitte ruhig werden soll, solange du selbst aufgeregt, laut und hektisch bist?

Das Schlüsselwort heißt „emotionale Selbstregulation“. Im ersten Schritt lernen wir, unsere eigenen Gefühle zu steuern und damit unser Verhalten zu beeinflussen. Fange ab heute mal an bewusster wahrzunehmen, in welchen Situationen du konkret welche Stresssymptome durchlebst. Beispiel: „Aha, das war mir noch gar nicht aufgefallen, aber immer wenn mein Hund so laut kläfft, atme ich ganz flach und hektisch…“ Und lerne, wodurch du deinen Puls wieder runterbringen kannst (z.B. mit bewusst langsamem Ausatmen durch den Mund).

Eine kleine Mini-Übung für den Einstieg, wenn der Hund bellt

Sobald es das nächste Mal an deiner Tür klingelt, ertappe dich bewusst dabei, wenn du sofort atemlos Richtung Tür durchstarten willst wie ein Schnellzug. Bleibe nach dem Klingeln bewusst eine Sekunde stehen und atme langsam einen Atemzug durch den Mund aus. Dann schreite zur Tür.

Wie fühlt sich das für dich an?

Mein Trainingsansatz

„Hund, auch wenn du Besuch anbellst wie ein Irrer, ich bleibe cool. Und du bleibst an kurzer Leine hinter meinem Rücken.“

Der Trick um deinen Hund bei Besuch zu erziehen ist ganz simpel: Nimm deinen Hund an die Leine, bevor du die Tür öffnest. Mach es dir so leicht wie möglich: Leg die Leine immer direkt an die Tür, damit du sie sofort griffbereit hast.

Wenn es klingelt, atmest du einmal bewusst aus und schreitest zur Tür. Dein Hund hat dich bestimmt schon längst überholt, macht aber nix.

Du greifst nach der Leine und nimmst den Hund an kurzer Leine hinter dich. Die Leinenhand ist in der Mitte hinter deinem Rücken, oberhalb deines Pos – und da bleibt sie auch! Stell dir vor, sie ist da „festgetackert“. Die Leine ist so kurz, dass der Hund nicht um dich herum zum Besuch laufen kann. Aber auch nicht so kurz, dass der Hund mit den Vorderbeinen in der Luft hängt.

Jetzt das Wichtigste: Der Hund muss ab jetzt NICHTS machen. Kein Sitz, kein Platz, kein Ruhig-sein. Hinter deinem Rücken kann er einfach machen, was er will. Aufgeregt springen, hopsen, weiterkläffen – alles ist erlaubt, nichts wird kommentiert oder korrigiert. 

Nochmal: Ab jetzt ist dir es EGAL welchen Zirkus dein Hund hinter deinem Rücken macht. Du reagiert nicht darauf.

Jetzt kommt es nämlich nur noch auf dich an: Du sprichst nur noch mit deinem Besucher. Dein Hund bleibt egal. Siehe dich nicht um, sprich den Hund nicht an, rucke nicht an der Leine. Du hast nur einen einzigen Job: Halte den Hund hinter dir. Egal, was er macht. Deine Leinenhand bleibt immer in der gleichen Position hinter deinem Rücken, oberhalb von deinem Po.

Was es noch leichter für dich macht, wenn der Hund bellt

  • Sorge für deinen sicheren Stand: Stell deine Beine etwas mehr als hüftbreit auseinander.
  • Gehe ganz leicht in die Knie. So behältst du viel besser die Balance.
  • Stehe aufrecht, Rücken gerade, Schulter nach hinten.
  • Großes Kino wäre, wenn du – während der Besuch spricht – bewusst langsam ausatmest.
  • Und nicht vergessen: Deine Leinenhand bleibt festgetackert hinter deinem Rücken!

Jetzt denkst du: Was soll das denn – warum darf mein Hund immer noch kläffen?

Weil du mit dieser neuen Körper- und Leinenhaltung den allerersten Schritt gehst, der das Fundament für alles weitere bildet: Du fängst an, nicht mehr auf die Aufregung des Hundes zu reagieren. Zum ersten Mal erlebt dein Hund, dass du auf sein unfassbar nerviges Gekläffe nicht mehr mit Aufregung reagierst. Statt ihn hektisch und laut schimpfend am Halsband zurück zu zerren, bleibst du ganz bei dir. Du entscheidest, dass du bei dieser rituellen Aufregungsspirale nicht mehr mitmachst. Du steigst aus.

Ich weiß…das ist am Anfang gar nicht so einfach. Aber es macht großen Eindruck auf deinen Hund! Und wenn du konsequent bei jedem Klingeln an der Haustür übst, wird es dir jeden Tag besser gelingen.

Achte darauf: Wenn dein Hund einmal gecheckt hat, dass du dich um den Besuch kümmerst und er nicht aufpassen muss, passiert es oft irgendwann, dass er sich hinter dich setzen oder ablegen möchte. Das ist der Jackpot! Wenn du also bemerkst, dass der Hund hinter dir nicht mehr bellt und du vielleicht sogar sanften Zug auf der Leine nach unten bemerkst, dann heißt das, dass dein Hund ins Sitz oder Platz gehen möchte. Dann sofort (!) ein bisschen Leine nachgeben, damit der Hund sich setzen oder legen kann. Diesen wunderbaren Moment dürfen wir nicht verpassen!

Achtung Falle: Wenn dein Hund irgendwann so schön in die Ruhe kommen sollte, bitte bloß nicht vor lauter Euphorie den Hund laut und aufgeregt loben! Sonst springt er gleich wieder hoch und alles war für die Katz.

Super, jetzt hast du einen ganz wichtigen ersten Schritt zur souveränen Führungsgkraft gemeistert: Du „bleibst bei dir“. Du verstehst „Ich kann das Gekläffe zwar jetzt noch nicht abstellen, aber ich kann anders darauf reagieren.“ Jetzt kannst du deinen Hund im Training belohnen.

Probiere es einfach mal ein paar Tage aus…und lies dir die Anleitung regelmäßig nochmal durch, bis du sie „gefressen“ hast. Ich wünsche dir viel Erfolg!

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